Klänge zwischen Zeit und Ewigkeit




Einläuten


Hosanna im Freiburger Münster, auf dem Weg zur Restaurierung, Foto: Kurt Kramer


 


 

 

 

Bewegende, stimmungsvolle Klänge


Noch dauern wird's in späten Tagen

 Und rühren vieler Menschen Ohr

Und wird mit dem Betrübten klagen

Und stimmen zu der Andacht Chor.

 

Als Schiller aus diesen Versen seine Glocke formte, als er mit einer Legierung aus Philosophie, Lebensweisheit und dahin fließender Lyrik seine Glocke goss, hatte dieser eherne Klangkörper 5000 Jahre Geschichte geschrieben und längst seinen Platz in unseren Glockentürmen, vor allem im Leben und in den Herzen der Menschen gefunden. Das  nach „wahrer Harmonie" strebende und von Mystik umwobene Musikinstrument fand Eingang in alle Weltkulturen. Und überall dort begleitet sie „Selbst herzlos, ohne Mitgefühl, mit ihrem Schwunge des Lebens wechselvolles Spiel.“

Die Reise der Glocke begann wohl in China im dritten Jahrtausend v. Chr. in unterschiedlichen Kulturräumen mit ihren Dynastien. Ihr Weg führt weiter über die Kulturen am Indus, Mesopotamien zu den fruchtbaren Flusstälern an Euphrat und Tigris. Die Straße der Glocke führt über das Hochland von Armenien und an die Ufer des Nil. Über die Länder der Bibel führt ihr Weg nach Ägypten zu den koptischen Mönchs-Gemeinschaften und über Nordafrika nach "Glocken-Europa", wie der Wiener Historiker Friedrich Heer die Gemeinschaft der abendländischen Völker nannte.

Die Kulturgeschichte der Menschheit ist ohne die Sehnsucht nach Höherem, nach Gott, nicht vorstellbar. Bei der Suche nach dem Sinn des Lebens, bei der Suche nach Göttlichem, ersann der menschliche Geist Symbole zum Verstehen, denen er, wie der Glocke, eine Vielfalt von sakralen und weltlichen Aufgaben übertrug. Ihre liturgische Bedeutung erhält die Glocke durch die Glocken-Weihe. Damit wird sie beauftragt, die Botschaft vom Leben, Sterben und der Auferstehung Jesu klangvoll zu verkünden.

Mit und in jedem neuen Kulturraum wandelten sich die Gesellschaft, ihre Religion und ihr Glaube. In diesen Wandel waren Symbolik und Bedeutung der Glocke untrennbar miteinander verwoben. Sie war und ist über fünf Jahrtausende verlässliche Begleiterin in diesem Wandel. Entlang der weltumspannenden Glockenstraße sollte sie in jeder dieser Kulturlandschaften die geistige Verbindung zu Höherem, zum Unbegreiflichen, zu Gott herstellen.

Die Glocke läutete aber nicht nur himmelwärts. Machthaber bemächtigten sich über drei Jahrtausende ohne Ausnahme der Glocke um sie für ihre Dienste zu gebrauchen oder zu missbrauchen. Sie war Symbol der Macht ebenso wie der Ohnmacht. Sie begleitete uns Menschen bei unseren ersten Gehversuchen und auf dem letzten Weg. Sie lud die Menschen zum Fest und feierte mit ihnen.

Zum Läuten für den Frieden gegossen und geweiht, ließ sie zur Kanone umgegossen, ihre todbringende Stimme auf den Blut überströmten Schlachtfeldern erklingen, vor allem aber bei uns in Europa. Und immer, wenn die Glocke schweigen musste, waren Menschenrechte, Friede, Freiheit und die Würde unzähliger Menschen bedroht, bis in unsere Tage. Krieg und Frieden, Tod und neues Leben, Bleibendes und Vergängliches, Irdisches und Ewiges schwingt in der Vielfalt ihrer Klangfarben mit. 

Lassen Sie sich nun mitnehmen auf eine klangvolle Reise durch die Welt der Glocken, um gemeinsam entlang den weltweiten Glockenstraßen ihrer spannenden, unendlichen Geschichte nachzuspüren und faszinierende Klang-Welten zu entdecken.